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Kuhgipfel soll Rechtssicherheit schaffen

Tirols Landeshauptmann Günther Platter drängt auf eine Versicherungslösung.

(Von Jan Michael Marchart und Petra Tempfer | Wiener Zeitung | 26.2.2019)

Innsbruck. Eine Urlauberin aus Deutschland wurde im Sommer 2014 von einer Kuh zu Tode getrampelt. Sie war mit Familie und Hund an der Leine im Tiroler Pinnistal wandern. Das Landesgericht Innsbruck hat in erster Instanz ein aufsehenerregendes Urteil gefällt. Der Bauer wurde schuldig gesprochen. Der Landwirt hätte seine Tiere demnach nicht ausreichend verwahrt. Nun soll dieser an den Witwer und den Sohn der Verstorbenen 180.000 Euro sowie eine monatliche Rente von 1500 Euro zahlen. Der Gesamtwert beläuft sich auf 490.000 Euro. Das Urteil gegen den Bauern ist nicht rechtskräftig. […]

Dass das Urteil nicht nachvollziehbar sei, so wie Platter sagt, könne derzeit nicht beurteilt werden, sagt die selbständige Rechtsanwältin Susanna Fuchs-Weißkircher
Susanna Fuchs-Weißkircher(Northcote Recht), die unter anderem auf öffentliches Recht spezialisiert ist. Dies werde eine Frage sein, die die Rechtsmittelinstanz noch klären werde müssen. Laut Fuchs-Weißkircher ist – wie immer – zu prüfen: „Handelt es sich bei diesem Vorfall um einen besonders tragischen Einzelfall, ist das Unglück an einer Stelle passiert, die sensibel war und gesichert hätte werden müssen? Dies könnte bei einem häufig frequentierten Kreuzungsbereich mehrerer Wanderwege sein.“ Die Fragen, ob Warnschilder ausreichend waren und der Wanderer mit der Gefahr rechnen konnte oder musste, seien für die Prüfung des Sachverhalts ebenfalls relevant.

Grundsätzlich hafte der Halter eines Tieres für Schäden, die das Tier jemandem zufügt, sagt Fuchs-Weißkircher, wenn er nicht beweisen könne, dass er für die erforderliche Beaufsichtigung oder Verwahrung des Tieres gesorgt habe. Gleichzeitig gibt es allerdings auch gesetzliche Rahmenbedingungen für die Wegefreiheit. Was das alpine Ödland, also alles über der Baumgrenze, und Weidegebiete betrifft, existieren in einigen Bundesländern eigene „historische Wegefreiheitsgesetze“. In anderen wie in Vorarlberg (Straßengesetz) oder Oberösterreich (Tourismusgesetz) wird die Thematik der „freien Betretbarkeit“ wiederum in völlig anderen Gesetzen behandelt.

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Rechtsfrage Immobilien Presse

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Rechtsfrage: Wie oft muss bei Glatteis der Gehsteig gestreut werden?

Wie sieht es mit der Streupflicht am späten Abend aus?, zum Presseartikel

Meine Mutter stürzte um 21:00 auf dem Nachhauseweg am spiegelglatten Gehsteig vor dem Haus ihres Nachbarn und brach sich den Oberschenkel. Mein Nachbar meinte, sie wäre selbst schuld, wenn sie um 21:00 bei Eisregen noch unterwegs wäre. Er hätte den Gehsteig ja ohnehin in der Früh zuletzt gestreut, mehr wäre ihm bei solchen Witterungsverhältnissen nicht zumutbar.

Hat meine Mutter gegenüber ihrem Nachbarn Anspruch auf Schmerzensgeld?

Laut Straßenverkehrsordnung müssen Eigentümer von Liegenschaften in Ortsgebieten, dafür sorgen, dass die entlang der Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als drei Meter vorhandenen, dem öffentlichen Verkehr dienenden Gehsteige entlang der ganzen Liegenschaft in der Zeit von 6 bis 22 Uhr von Schnee und Verunreinigungen gesäubert, sowie bei Schnee und Glatteis bestreut sind.

Der Gehsteig muss zwischen 6:00 und 22:00 begehbar sein. Bei anhaltendem Schneefall und Glatteisbildung kann die Räumung von Schnee auch mehrmals täglich erforderlich sein.

Der Liegenschaftseigentümer muss alle Vorkehrungen treffen, die nach den Umständen vernünftiger Weise von ihm erwartet werden dürfen. Die Pflicht zur Schneeräumung und Schneeräumung dürfen aber nicht überspannt werden.

So sind nach der Rechtsprechung  Schneeräumung bzw. Maßnahmen gegen Glatteis „rund um die Uhr“ regelmäßig unzumutbar, wenn bei andauerndem Schneefall oder sich ständig erneuerndem Glatteis eine ununterbrochene Schneeräumung oder Bestreuung des Gehsteiges notwendig wäre.

_MG_4675_2_kleinDer Umfang der Streupflicht richtet sich der konkreten Umstände des Einzelfalls.

Bei starkem Schneefall und anhaltendem gefrierendem Regen ist ein einmaliger Winterdient frühmorgens jedenfalls zu wenig.

Bei dem konkreten Unfall wird zu prüfen sein, ob dem Liegenschaftseigentümer ein grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist und er daher für die Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden kann, weil er nur in der Früh den Winterdienst versehen hatte.

Dr. Susanna Fuchs-Weißkircher, LL.M., selbständige Rechtsanwältin & Immobilienrechtexpertin, Northcote.Recht

Fotocredit: Marlene Rahmann

Fotocredit Beitragsbild: (c) dpa/dpaweb (A3528 Armin Weigel)